Rezension: Rainer M. Wolski Gebetspausen am Arbeitsplatz – Erwartungen geflüchteter Muslime – Basiswissen für Arbeitgeber

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Rainer M. Wolski

Gebetspausen am Arbeitsplatz –

Erwartungen geflüchteter Muslime

Basiswissen für Arbeitgeber

Luxembourg 2016. 136 Seiten. Paperback. 19,91 €

ISBN 9781532977688

Mit diesem Büchlein wird ein relativ neues Gebiet der Islamisierung behandelt, nämlich die proislamische Rechtsprechung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Zwar gibt es seit einigen Jahren Gerichtsurteile darüber, ihre Anzahl ist jedoch noch gering. Das könnte sich in Zukunft ändern.

Der Autor arbeitete – nach eigenen Angaben – im Ausland für internationale Konzerne. Bis zum Erreichen des Rentenalters war er in Bosnien und Herzegowina – einem Land mit drei Religionen – u.a. als Gründer und sechs Jahre als Sekretär des Deutschen Wirtschaftsvereins tätig. In dieser Zeit beriet er auch deutsche Firmen zum Umgang mit Personal unterschiedlicher Religionszugehörigkeit.

Das Buch ist geteilt in Text und Anlagen. Der Anlagenteil (11 Anlagen) umfasst 58 % des Buches.

In einer Art „Zusammenfassung für Entscheidungsträger“ (Executive Summary) verweist der Autor u.a. auf a) bereits ergangene islamophile Arbeitsrechtsurteile deutscher Gerichte, zeigt b) ferner auf, welche islamischen Normen ein Muslim am Arbeitsplatz zu befolgen hat und listet c) mögliche weitere islamische Forderungen diesbezüglich auf, welche noch gerichtlich erstritten werden können.

So konnten nachstehende Rechtsansprüche bereits durchgesetzt werden:

► 2 bis 3 bezahlte kurze Gebetspausen während der Arbeitszeit;

► unbezahlte Freistellung zum Besuch der Moschee am Freitagnachmittag;

► Verweigerung des Transports von Alkohol in Flaschen aus religiösen Gründen und

► Tragen des islamischen Kopftuchs (5).

Aufgelistet werden weitere religiöse Pflichterfüllungen, die ein Muslim auch an seinem Arbeitsplatz zu befolgen hat.

Zu den noch folgenden offenen Forderungen könnten in den nächsten Jahren weitere Urteile angestrengt werden:

◙ Einführung der Geschlechtertrennung am Arbeitsplatz;

◙ bezahlte Freistellung für das Freitagsgebet in der Moschee;

◙ Beachtung der islamischen Kleiderordnung (6).

Ausgangs- und Endpunkt seiner Betrachtung bildet die Regierungserklärung des Bundesministers des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, zur Deutschen Islamkonferenz vor dem Deutschen Bundestag am 28. September 2006 in Berlin: Der Islam ist Teil Deutschlands und Teil Europas, er ist Teil unserer Gegenwart und er ist Teil unserer Zukunft. Muslime sind in Deutschland willkommen. Sie sollen ihre Talente entfalten und sie sollen unser Land mit weiter voranbringen.“[1]

Der Textteil umfasst 5 Kapitel sowie einen Ausblick.

■ Das 1. Kapitel ist überschrieben „Kurze Einführung in die Glaubenswelt des Islams“.[2] Diese Einführung voranzustellen, erweist sich insofern als notwendig, da anzunehmen ist, dass der überwiegende Teil der Arbeitgeber keine oder nur geringe (unstrukturierte) Kenntnisse über den Islam besitzt.

Es werden folgende Sachverhalte behandelt:

– Spaltung in intramuslimische Glaubensrichtungen,

– Definitorische Grundlegung zum Begriff Islam: Quelle: Islamzentrum München,

– Fünf Pflichtgebote: In Konzentration auf das Thema werden lediglich die Gebote „Gebet“ sowie „Fasten“ behandelt,

– Verhältnis Islam zu Ungläubigen, Juden und Christen,

– Geschlechtertrennung im Islam: Sie gehört zu den markanten Strukturprinzipien des Islam.

Bezugnehmend auf die Regierungserklärung werden die Folgen für die Unternehmen behandelt sowie die hieraus resultierenden Probleme, die sich bei der Anwendung/Umsetzung des AGG ergeben (ausführlicher im Kapitel 2). Diesen Zusammenhang tiefer analysierend wird in der Anlage auf eine kritische Analyse einer Expertise der Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2010 verwiesen. Bereits hier wird eine Aussage mit strategischer Ausrichtung getroffen, nämlich, „ … dass schon im Jahr 2011 in der deutschen Rechtsprechung die Werte des göttlichen Koran über die Werte des Grundgesetzes gestellt wurden, wenn es um die Befriedigung von religiösen Interessen von muslimischen Minderheiten geht. Das ist ein Wegweiser für zukünftige Gerichtsentscheidungen“ (68).

Als informativ erweist sich eine vom Autor erstellte Tabelle „Muslime: liberal – konservativ – streng religiös“ (21). Für Arbeitgeber insofern hilfreich, da sie in einer Skala von 1 bis 10 (Glaubensintensität) über die wesentlichsten (pflichtgemäßen) normativen Handlungen von Muslimen informiert, welche unmittelbar Einfluss auf die Arbeitstätigkeit haben. „Vom Primat der Religion im Leben wird dann die Haltung zur Lohnarbeit abgeleitet. Sie ist für den streng religiösen Muslim sekundär“ (20). Aus dieser Grundeinstellung schlussfolgernd wird bereits in diesem Kapitel die folgenreiche strategieorientierende Aussage getroffen: „Nicht nur aufgrund bisher fehlender Qualifikation bei geschätzt 90% der Flüchtlinge, sondern in den grundsätzlich anderen Prioritäten streng religiöser Muslime werden die Probleme bei der Integration in den Arbeitsprozess liegen“ (23).

Die folgenden Kapitel behandeln nun detailliert die konkreten Problemlagen, die sich bei der Integration von Muslimen in die verschiedenen Bereiche der Wirtschaft und insbesondere in den Arbeitsprozess ergeben.

■ Kapitel 2 befasst sich mit: „Religiöse Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und Rechtsprechung im Sinne einer weiteren Festigung des Islam in Deutschland“

Seit Inkrafttreten des AGG 2006 liegt eine umfangreiche Rechtsprechung vor. Im Zuge der weiteren Islamisierung „ … wird sich der Fokus beim Missbrauch auf die religiöse Diskriminierung verschieben“ (24). Bereits hier fangen jedoch die Probleme an. Wenn es „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen … der Religion oder Weltanschauung, … zu verhindern oder zu beseitigen“[3], dann kann festgehalten werden, dass ausgehend von der strukturellen Normativität des Christentums und der des Islam die Zugehörigkeit zum Christentum in der Arbeitstätigkeit keine Schwierigkeiten bereitet, während im Islam der Muslim seine rituellen Bekundungen und Handlungen auch während der Arbeitszeit vollziehen muss. Das ist im AGG nicht geregelt. Treffend wird daher festgestellt: „Vermutlich haben die christlich geprägten Bundestagsabgeordneten bei der Verabschiedung des Gesetzes aus diesem Grund zugestimmt: „ … vergleichbare Verpflichtungen für die Gestaltung des Alltagslebens sind der christlichen Glaubenslehre fremd“ (26). Auf künftig mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen verweisend heißt es weiter: „Wenn man diese Aussagen zu Ende denkt, dann wird in den Unternehmen Deutschlands aufgrund des von Menschen mit christlichem Denken gemachten AGG und dem von Koran und Scharia geforderten Pflichten der Muslime zukünftig eine heftige Auseinandersetzung stattfinden“ (26).

Es folgt ein Vergleich der Rechtsauffassungen einzelner EU-Länder hinsichtlich der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Allgemeinen sowie Österreich und Großbritannien im Besonderen. Es fällt auf, dass es in Österreich „ … KEINEN Rechtsanspruch auf eine Gebetspause während der Arbeitszeit (gibt), in Deutschland leitet die Rechtsprechung detailliert aus den gleichen EU-Vorgaben Sonderrechte für Muslime ab“ (27). Ausführlich wird dieser Vergleich in einer Anlage tabellarisch dargestellt.

Der Autor äußert die durchaus reale Vermutung, dass in Zukunft mit dem AGG durch die Rechtsprechung im Sinne einer Fatwa, welche das Verhältnis zu den Ungläubigen normiert, von islamischen Religionsgelehrten ausgearbeitet und von deutschen Gerichten vorbehaltlos übernommen wird, in einem säkularen Land die Ungläubigen diskriminiert werden. (13,30).

Großbritannien und Deutschland sind nach bisheriger Kenntnis die einzigen EU-Länder, in denen das Beten während der Arbeitszeit und weitere Umsetzungen aus dem Koran gestattet sind. Dazu: „Die jetzige Gesetzgebung und Rechtsprechung in Deutschland ist im EU-Kontext ein Wettbewerbsnachteil für die deutsche Wirtschaft, über den die Politik schweigt“ (28).

Als Resümee im Sinne einer strategisch-krisenhaften Entwicklungsrichtung könnte folgendes eintreten: „ …Deutschland und Großbritannien (wären) die einzigen EU-Länder, die von innen – in historischer Dimension kurzfristig – destabilisiert und aufgerollt werden können. „Dazu wird von vielen Wirtschaftsfunktionären und den Medien noch beifällig applaudiert, während die Regierung mit der sprichwörtlichen ‚Stange im Nebel‘ stochert. Deutschland könnte zukünftig ein Sicherheitsrisiko für die kontinentalen EU-Länder werden“ (28).

■ Im Kapitel 3 unter der Überschrift „Bisherige deutsche Rechtsprechung“ werden folgende ausgewählte islamische Gebote konkret untersucht: a) Gebet am Arbeitsplatz und in der Schule, b) Islamische Kleiderordnung: Kopftuch am Arbeitsplatz und c)Alkohol-Transport im Betrieb.

Vorangestellt wird ein Grundsatzurteil des BAG von 2013 „Benachteiligung wegen der vermuteten Weltanschauung“.

Infolge der generellen Bedeutung dieses Urteils für die künftige Rechtsprechung hier folgender kardinaler Auszug: „Leitsatz: Wird ein Arbeitnehmer wegen seiner Weltanschauung oder wegen bei ihm vermuteter Weltanschauung benachteiligt, kann dies Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auslösen. Voraussetzung in beiden Fällen ist, dass Indizien vorgetragen und bewiesen werden, die auf eine Benachteiligung wegen einer (vermuteten) Weltanschauung hindeuten. Persönliche Einstellungen, Sympathien oder Haltungen sind keine Weltanschauung“ (32).

Zu a): Dazu sind zwei Urteile ergangen. 1. Urteil des LAG Hamm 2002: „Beten während der Arbeitszeit“ (also vor dem AGG) sowie 2. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 2011: „Beten während der Schulzeit in einer öffentlichen Schule“. Beide Urteile – es sind die Einzigen in vollem Wortlaut – sind in der Anlage wiedergegeben.

Zu b): Erläutert werden zwei Gerichtsurteile:

  1. Urteil Arbeitsgericht Berlin 2012: „Ablehnung der kopftuchtragenden Bewerberin für die Ausbildung zur Zahnarzthelferin.“ Die Problemlage verdeutlicht wieder ein Auszug aus den Leitsätzen: „1. Trägt eine muslimische Frau in der Öffentlichkeit ein Kopftuch, ist dies als Teil ihres religiösen Bekenntnisses und als Akt der Religionsausübung anzuerkennen. 2. Wird eine Bewerberin bereits vor Abschluss des Bewerbungsverfahrens aus dem Kreis der in Betracht zu ziehenden Bewerberinnen ausgeschlossen, weil sie auf Nachfrage des potentiellen Vertragspartners angibt, das Kopftuch auch während der Arbeitszeit nicht ablegen zu wollen, wird die Bewerberin wegen ihrer muslimischen Zugehörigkeit diskriminiert“ (33).
  2. Urteil des BVerfG 2015: „Pauschales Kopftuchverbot für muslimische Lehrkräfte an öffentlichen Schulen ist verfassungswidrig.“ Zur Begründung wieder ein Auszug aus der Argumentationsfigur der Leitsätze: „Ein angemessener Ausgleich der verfassungsrechtlich verankerten Positionen … erfordert eine einschränkende Auslegung der Verbotsnorm, nach der zumindest eine hinreichend konkrete Gefahr für die Schutzgüter vorliegen muss.“ Der abschließende Satz dokumentiert noch mal die Brisanz des Problems. „Werden äußere religiöse Bekundungen durch Pädagoginnen und Pädagogen in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule zum Zweck der Wahrung des Schulfriedens und der staatlichen Neutralität gesetzlich untersagt, so muss dies für alle Glaubens- und Weltanschauungsrichtungen grundsätzlich unterschiedslos geschehen … “ (34).

Wenn dem so ist, zeigt sich hier doch folgendes politisches Desiderat: Wäre nicht diese Aussage ein Auftrag an den Gesetzgeber, endlich konsequent die Trennung von Staat und Kirche/Religion und Privatsphäre rechtlich zu sanktionieren? Die Wahrung des Schulfriedens ist jedoch in Interdependenz zum Grundsatz der staatlichen Neutralität zu sehen. Seine Rechtswirksamkeit wiederum hängt vom Grad ihrer konkreten Ausgestaltung ab. Erst diese schafft, im konkreten Fall, die notwendige Rechtssicherheit für die Lehrkräfte und v.a. die Schulleitung zur Wahrung des Schulfriedens. Ab wann von einer Störung des Schulfriedens gesprochen werden kann, hängt nun nach wie vor von der Ermessensentscheidung[4], also der Rechtsfolgenseite, der Schulleitung ab.

Zu c): In welch eine schwierige Situation ein Arbeitgeber geraten kann, wenn er vor die Wahl gestellt wird, in einem Konflikt zwischen arbeitsvertraglicher Pflichterfüllung (auch Direktionsrecht) und islamischer Glaubensausübung eines Muslims rechtssicher entscheiden zu müssen, zeigt folgender Sachverhalt: Ein Muslim weigerte sich, der Anweisung des Arbeitgebers Folge zu leisten und Alkoholika in einem Warenhaus einzuräumen. Angeführt wird ein Urteil des BAG 2011 „Arbeitsverweigerung wegen Glaubenskonflikt“. „In seiner Begründung verweist das BAG darauf, dass das Beharren des Arbeitgebers auf Vertragserfüllung ermessensfehlerhaft sein kann, wenn der Arbeitnehmer geltend macht, dass er aus religiösen Gründen an der Ausübung der angewiesenen Tätigkeit gehindert ist. Die Kündigung durch den Arbeitgeber kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn es keine anderen naheliegenden Beschäftigungsmöglichkeiten gibt“ (37 f.).

■ Auch das Kapitel 4 behandelt: „Streng religiöse Muslime aus dem Orient und Afrika als zukünftige Arbeitnehmer.“

Vertieft werden folgende Themen: Problemlagen bei der Eingliederung in den Arbeitsprozess, Unterstützung der Unternehmen durch Wirtschaftsverbände, Vorstellungsgespräch und verbotene Frage nach Religion, Fasten und Auswirkungen am Arbeitsplatz, Geschlechtertrennung: Weisungserteilung einer Frau gegenüber einem Mann sowie Gebet während der Arbeitszeit: Moscheebesuch am Freitagnachmittag.

Gleich zu Beginn werden an die wichtigsten möglichen Konfliktpunkte und ihre Auswirkungen in Unternehmen bei der Beschäftigung von Muslimen verwiesen.

Dabei sind nachstehend folgende rechtsdogmatischen Leitsätze maßgebend: „Nach AGG hat ein Muslim ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn er sich in seinen religiösen Belangen während der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber gestört fühlt. Das wird vermutlich der Auslöser für zahllose gerichtliche Auseinandersetzungen in den nächsten Jahren sein“ „Was ‚religiöse Belange‘ sind, bestimmen islamische Religionsgelehrte aus dem Orient. Betrachtet der muslimische Mitarbeiter diesen religiösen Belang als für ihn verbindlich und kann er ihn im Betrieb nicht ausleben, hat er ein Leistungsverweigerungsrecht“. „Es ist also nicht entscheidend, wie ein deutsches Gericht die religiöse Handlung sieht, sondern wie der Gläubige sie sieht und sich durch deren Nichtbeachtung durch den Arbeitgeber diskriminiert fühlt. Diese Sicht der deutschen Arbeitsrechtsprechung dürfte m.E. ein Alleinstellungsmerkmal (… oder auch veritabler Kundenvorteil) in der EU sein“ (37). Die strikte Anerkennung der islamischen Normen und ihre Sanktion durch das AGG wird weiterführend betont: „Bei Entscheidungen mit Bezug zum Arbeitsplatz orientiert sich ein deutsches Arbeitsgericht an den Aussagen dieser Gemeinden[5] und urteilt dann auf dieser Grundlage in einem Prozess wegen Verletzungen religiöser Rechte im AGG. Auch deshalb wird Deutschland islamischer“ (44).

An anderer Stelle wird dieser Gedanke mit einer strategischen Annahme fortgeführt: „Denn über das AGG und die zu erwartende pro-muslimische Rechtsprechung können die religiösen Muslime eine Stärkung ihrer Ansichten in der deutschen Gesellschaft erwarten. Deutschland wird islamischer und das wird zu einer weiteren Radikalisierung des Islams in Deutschland führen“ (41).

Ausführlich wird die islamspezifische Sozialisation der Kindheit und Jugend von Muslimen beleuchtet sowie die sich daraus ergebenden multikomplexen Problemlagen und ihre anforderungsinadäquaten dysfunktionalen Verhaltensmuster bei der Integration/Eingliederung in den Arbeitsprozess.

Um diesen komplexen, oft neuartigen Anforderungen, vor die die Unternehmer gestellt werden, auch gerecht zu werden, stellt sich hier die Frage, ob überhaupt und von wem sie Hilfe bzw. Unterstützung erhalten? In vorauseilendem Gehorsam im Sinne der Regierungserklärung haben einige Wirtschaftsverbände ihrerseits Initiativen entfaltet. Denn die „ … Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaftsverbände stehen hinter der Kanzlerin. Sie begrüßen die Aufnahme Hunderttausender streng gläubiger Muslime“ (6).

Dazu wurde auf Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums und dem DIHK „NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ im März 2016 der Grundstein für eine bundesweite Integration des Islams in Unternehmen gelegt.

Bereits im Dezember 2015 beschlossen der DIHK und die IHK ein Programm unter der Bezeichnung „Ankommen in Deutschland – Gemeinsam unterstützen wir Integration! Aktionsprogramm der IHK-Organisation“.

Von den acht zu erbringenden Integrationsleistungen[6] – Betriebe informieren und beraten sowie bei der Qualifizierung und Ausbildung von Flüchtlingen begleiten, ihnen berufliche Orientierung geben, bei der Vermittlung in Ausbildung und Existenzgründungen helfen, bei Spracherwerb und Gesellschaftskunde unterstützen, Kompetenzen von Flüchtlingen erfassen und einordnen und Flüchtlingen über 25 Jahre in Qualifizierungsangebote vermitteln – wird die Integration streng gläubiger Muslime nicht angesprochen. Zufall oder Absicht?

Als ein wesentlich konfliktärer Sachverhalt bei Arbeitsrechtsstreitigkeiten hinsichtlich der Auslegung und Anwendung islamischer Rechtsnormen durch deutsche Gerichte erweisen sich islamische Rechtsgutachten. Auf den Zusammenhang Gericht – Fatwa – AGG verweisend, heißt es: „Da es unzählige Fatwas gibt, auch aus früheren Zeiten, und das Gericht sich damit nicht inhaltlich auseinandersetzt, kann somit über das AGG sehr intensiv auf den Arbeitsablauf Einfluss genommen werden“ (48). „Der DIHK sollte hier die Lage in den EU-Ländern analysieren und dem Gesetzgeber Vorschläge zur Stärkung der deutschen Wirtschaft machen. Das würde bedeuten, dass die Arbeitsgerichte keine Fatwas aus dem Orient mehr akzeptieren und die deutschen Islamwissenschaftler/Prediger als Einzige vor den Arbeitsgerichten anerkannt werden“ (45). Hier ist anzumerken: Die Analyse der Lage in den EU-Ländern sollte doch zuerst Aufgabe des Gesetzgebers sein, denn die Integration ist ein politischer Prozess (siehe Regierungserklärung), wozu natürlich die Unterstützung einzelner Wirtschaftsverbände förderlich sein kann.

Eine weitere Konfliktebene für den Arbeitgeber stellt das Vorstellungsgespräch dar. Die berechtigte Annahme, dass dieses für ihn die größte Herausforderung darstellt, zeigt sich in folgender Konstellation:

„Der Arbeitgeber darf beim Einstellungsgespräch nicht nach der Religion und deren Ausübung fragen. Dann fordert aber das AGG von ihm, Maßnahmen zu ergreifen, damit dem muslimischen Mitarbeiter die Ausübung seiner Religion während der Arbeitszeit ermöglicht wird bzw. Hemmnisse, die dem entgegenstehen, abgebaut werden. Woher weiß aber der Arbeitgeber sicher, dass sein neuer Mitarbeiter Muslim ist?“ Also: „Der Arbeitgeber darf nicht fragen und der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, über seine Religion und deren Ausübung am Arbeitsplatz den Arbeitgeber in Kenntnis zu setzen“ (47).

Interessant dürfte in diesem Zusammenhang die Auffassung des ehemaligen Richters am Bundesverfassungsgericht, Böckenförde, sein, der bereits 2001 diesen Sachverhalt vertiefte:

„Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es dabei nicht darauf an, ob die Religion das Beten währen der vom Kläger begehrten Zeit zwingend vorschreibt. Ausreichend ist, dass der Gläubige die religiöse Handlung als verbindlich ansieht“ (37). Der letzte Satz wird als eine Art Schlüsselwort „key word“ von streng religiösen Muslimen zur Durchsetzung ihrer Klagen vor Arbeitsgerichten künftig als probates Rechtsmittel angewendet werden.

Zur islamophilen Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte wird ausgeführt: „Für die Interpretation, was religiös im Sinne des Islams ist, akzeptieren die deutschen Arbeitsgerichte die Meinung islamischer Religionsgelehrter aus aller Welt. Die Meinung deutscher Islamgelehrter wird von arabischen und türkischen Gelehrten nicht anerkannt“ (47).

Das Fasten gehört, wie schon eingangs erwähnt, zu den fünf „Grundpfeilern des Islams“. Da der Fastenmonat (Ramadan) in der Regel in die Sommermonate fällt, damit verbunden eine starke Einschränkung der Nahrungsaufnahme, durch welche wiederum die Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt wird, kann es zu Störungen im Arbeitsablauf kommen. Von welcher Art jene sein können, wird anschaulich beschrieben.[7]

Auch der Moscheebesuch am Freitagnachmittag fällt in die Arbeitszeit. Dieses Gebet ist für den männlichen Muslim von solch einer Bedeutung, „ … dass nur zwei hintereinanderliegende Freitagsgebete versäumt werden können, ansonsten drohen Strafen im Jenseits und der Einzug ins Paradies ist gefährdet“ (51)[8]. Denn der Arbeitgeber muss – nach Rechtsprechung – dem Gläubigen ermöglichen, seine Religion während der Arbeitszeit auszuüben. Das Gebet muss dann nachgeholt werden, will der Gläubige nicht Strafen im Jenseits erleiden“ (52).

Hier könnte der Arbeitgeber, wie bereits oben beschrieben, in Konflikt mit dem AGG geraten. Die Dauer für ein Gebet wird mit ca. 10 Min. angesetzt. Es kann ebenso wesentlich länger dauern, denn das „ … Gebet ist das Gespräch des Gläubigen und Gott und niemand kann es limitieren“ (52).

■ Nach Darstellung von problematisch komplexen Integrations- und Eingliederungsleistungen von Muslimen befasst sich Kapitel 5 mit der Frage: „Bereiche der Wirtschaft: Welche Potenziale und Probleme gibt es wo?

In diesem Kapitel werden jene Bereiche der deutschen Wirtschaft analysiert, die von einer Eingliederung von Muslimen profitieren sowie jene, bei denen die Ausübung religiöser Handlungen mit der Spezifik der Arbeitsanforderungen unvereinbar sind. Näher beschrieben werden die Beschäftigungen in Industrie- und Handwerksbetrieben sowie Großunternehmen.

Resümierend wird folgerichtig festgehalten: „Mittelpunkt des Lebens eines streng religiösen Muslims ist nicht die Selbstverwirklichung am Arbeitsplatz und der Wunsch viel Geld zu verdienen – sondern die exakte Ausübung der Religion“ (55). Als Konsequenz für die Einsatzmöglichkeiten von Muslimen in der Wirtschaft zeigt sich, „ … dass die Mehrzahl dieser Flüchtlinge, solange sie sich als streng gläubige Muslime betrachten, nur in ausgewählten Bereichen der Wirtschaft und dort nur bei Hilfstätigkeiten oder einfachen gewerblichen Tätigkeiten eingegliedert werden kann. In einigen dieser Bereiche herrscht aber seit Jahren Arbeitskräftemangel, so dass Muslime dort Arbeit finden könnten. Weite Teile der deutschen Wirtschaft werden den streng religiösen Muslimen aber verschlossen bleiben“ (54).

Im Anschluss an die Kapitel wird noch einmal in nuce ein Ausblick vorgenommen. Die bisherige (Arbeits)Rechtsprechung zu dargestelltem Thema zusammenfassend verdeutlicht exemplarisch, „ … dass Arbeitgeber durch ein deutsches Arbeitsgericht verpflichtet werden können, Entscheidungen eines Islamgelehrten … in ihrem Betrieb umzusetzen, oder Entscheidungen, die ausschließlich der Gläubige trifft – ohne gerichtliche Wertung.

Es muss baldige Änderungen des AGG und der Rechtsprechung geben, die die Möglichkeiten der Fremdbestimmung ausschließen“ (57).

Wie sieht es mit der Unterstützung der Arbeitgeber durch die Wirtschaftsverbände aus? Dazu die Antwort: „Die Unternehmer haben von den Verbänden und Kammern kaum Wissen zur Beschäftigung streng religiöser Muslime auf dem Arbeitsmarkt vermittelt bekommen, sie müssen jedoch mit dem Ansturm … dieser arabischen und afrikanischen Muslime klarkommen“ (56).

Folgerichtig wird erkannt und zugleich als Mahnung weitergegeben, dass die „ … Beschäftigung von Hunderttausenden streng religiöser Muslime eine Angelegenheit der ganzen Gesellschaft (ist), um den inneren Frieden im Land zu erhalten“ (56).

Zu den Anlagen:

Die Anlagen bilden eine hervorragende faktenreiche und beweiskräftige Ergänzung und v.a. eine Vertiefung zu den Sachverhalten, die in den einzelnen Kapiteln beschrieben werden.

Wie bereits in Kapitel 3 betont, gibt es zwei Urteile in Vollversion (Anlagen 10 und 11). Sie basieren auf gleicher Ausgangslage, kommen aber zu unterschiedlichem Ergebnis. Beide sollen hier nur kurz behandelt werden, wobei wesentliche rechtsdogmatische Aussagen angeführt werden.

  1. Urteil:

Ein muslimischer Kläger begehrt eine dreiminütige Freistellung von der Arbeit, um sein Morgengebet zu verrichten. Der „ … Anspruch des Klägers auf Gewährung einer dreiminütigen Arbeitspause zum Zwecke des Gebets abgelehnt“ (110).

  1. Urteil:

Der Kläger, ein islamischer Schüler, begehrt die Feststellung, dass er berechtigt ist, in der von ihm besuchten Schule außerhalb der Unterrichtszeit ein islamisches Gebet zu verrichten. Der Leitsatz kommt zu dem Ergebnis: „Die Glaubensfreiheit des Schülers aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berechtigt ihn grundsätzlich während des Besuchs der Schule außerhalb der Unterrichtszeit ein Gebet zu verrichten. Diese Berechtigung findet ihre Schranke in der Wahrung des Schulfriedens“ (136).

Beide Klageformen basieren auf folgenden gemeinsamen rechtleitenden Aussagen:

  1. A) Beide „ …   unterliegen dem Schutzbereich des Art. 4 Abs. 2 GG. Dabei kommt es nicht darauf an, ob daneben auch der Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG betroffen ist. Das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung ist nämlich bereits im Begriff der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG enthalten“ (111).
  2. B) „Die Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG können ihre Grenze an anderen grundrechtlich geschützten Interessen finden. Bei einer … Grundrechtskollision von gleichermaßen verfassungsrechtlich geschützten Interessen muss ein Ausgleich der gegenläufigen Interessen mit dem Ziel ihrer Optimierung gefunden werden. Ist dies nicht möglich, ist danach zu entscheiden, wessen geschützte Interessen überwiegen“ (114).

Also in beiden Fällen: Einerseits Gewährleistung eines störungsfreien Arbeitsablaufes im Unternehmen sowie des Schulfriedens und andererseits konsequente Durchsetzung islamischer Gebete im jeweiligen Verantwortungsbereich. Wenn nun durch den Verantwortungsträger gemäß dem Grundsatz, dass das Recht dort seine Grenze finden muss, wo es die Rechte anderer beeinträchtigt, im Rahmen seiner Ermessensausübung (Siehe Fußnote 4) eine solche Rechtsgüterabwägung getroffen werden muss, die für beide Seiten akzeptabel sein soll, ist eine Grundrechtskollision bei geschilderter Rechtsposition unvermeidlich. Eine Lösung ist in der Regel nur durch einen Grundrechtseingriff[9] möglich.

Was für einen Arbeitgeber rechtlich klarer zu sein scheint, ist beim Schulfrieden offensichtlich komplizierter. Ergänzend zu den Ausführungen in Kapitel 3 wäre noch folgender Sachverhalt anzusprechen. Die entscheidende Frage ist doch: Ab wann kann von einer Störung des Schulfriedens gesprochen werden? Die Schulleitung steht vor der enorm schwierigen Aufgabe, gemäß obiger Verfahrensweise eine Grundrechtskollision mit der Folge eines Grundrechtseingriffs zu vermeiden. Selbst wenn temporär der Schulfrieden gewahrt wäre, latent besteht permanent die Gefahr erneuter Störung. Von daher ist es abzulehnen, dass der Schulfrieden als Grundrechtsschranke normiert wird. Vielmehr ist das Gebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates[10] (ausführlich: Anlage 11, S. 125 f., Nr. 35) dahingehend zu präzisieren, dass eine klare Rechtsposition der Entscheidungsträger gewährleistet wird und ihnen dadurch Rechtssicherheit vermittelt wird. Das wäre jedoch nur dann der Fall, wenn der Islam nicht nur als eine Religion, sondern als eine in seiner Eigenschaft als grund- und menschenrechtswidrige Weltanschauung und politische Herrschaftsideologie politisch anerkannt und rechtlich sanktioniert worden ist und demzufolge nicht den Schutz des Art. 4 GG beanspruchen kann.

FAZIT:

Bei der Explikation einzelner Rechtspositionen hat der Autor in gelungener Weise je nach Erfordernis auf den Zusammenhang von Politik und Recht verwiesen. Bevor darauf näher eingegangen wird, zunächst noch einige Kernaussagen zum normativen Gehalt von Art. 4 GG:

„Geschützt von Art.4 I ist demnach nicht nur der gottverbundene Glaube, sondern ebenso das Führwahrhalten aller anderen, nicht- oder sogar antireligiösen Weltanschauungen (transzendente oder weltliche Sinndeutung von Welt und Mensch; rationale oder irrationale Überzeugung davon, was als absolut Gültiges hinter den Erscheinungen der Welt steht; Anderssein einschließlich Atheismus). Die Glaubensfreiheit beinhaltet nicht nur das forum internum (Freiheit des Denkens), sondern erstreckt sich auch auf die Freiheit, das auszusprechen oder zu verschweigen, was man glaubt oder nicht, für seinen Glauben zu werben oder sogar andere von einem fremden Glauben abzuwerben. Überhaupt gehört zur Glaubensfreiheit das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln (positive und negative Glaubensfreiheit; eine religiöse oder antireligiöse Überzeugung i.S. einer persönlich verpflichtenden Verhaltensregel bilden, haben, äußern und demgemäß handeln.)

Diese weite Auslegung des Leitbegriffs Glaube beruht darauf, dass von einer echten Glaubensfreiheit eben erst gesprochen werden kann, wenn zur Aktualisierung und Realisierung der inneren Überzeugung vor allem drei Komponenten gegeben sind (Glaubensverwirklichungsfreiheit): (1) religiöse und weltanschauliche Bekenntnisfreiheit, (2) ungestörte Religionsausübung und (3) religiöse Vereinigungsfreiheit.

Das verbindliche Gebot der weltanschaulich-religiösen Neutralität verwehrt es grundsätzlich dem Staat, bestimmte Bekenntnisse zu privilegieren oder den Glauben oder Unglauben seiner Bürger zu bewerten.“ [11] (Hervorh.: Autor)

Der letzte Satz bringt das Kernproblem zum Ausdruck und muss deshalb aus säkular-humanistischer Sicht kritisch hinterfragt werden:

„Insbesondere mit dem letzten Satz wird hier ein passiv-hinnehmendes Verhältnis des Staates zu religiösen Überzeugungen und Lebenspraktiken dogmatisiert, ohne sich auf eine genauere Prüfung der Religionsinhalte einzulassen. Der Verzicht auf eine philosophische (ideologiekritische) und/oder theologische Bewertung des Glaubens oder Unglaubens der Staatsbürger darf aber eben gerade nicht zu einem staatlichen Verzicht der juristischen Bewertung existierender Widersprüche zwischen Glaubensinhalten und verfassungsmäßig garantierten individuellen Grundrechten führen.

Die weltanschaulich-religiöse Neutralität und das daraus willkürlich abgeleitete absolute Bewertungsverbot sind deshalb keinesfalls als verbindliche Norm zu charakterisieren, sondern als willkürliche Setzung mit der verhängnisvollen Folge einer Selbstfesselung gegenüber religiösen, tendenziell oder aktuell menschenrechtswidrigen Glaubenssystemen und den daraus folgenden Handlungen. Ein zentrales Ziel … müsste die Durchsetzung einer präzisierenden Ergänzung zum GG Artikel 4 mit folgendem Sinngehalt sein: Der Islam ist in seinem bislang unrevidierten dogmatischen Kernbestand keine (spirituelle Privat-)Religion im Sinne des GG Artikel 4 und kann sich von daher in seinem Ausbreitungsbestreben auf deutschem Staatsgebiet nicht auf diesen berufen.“[12]

An anderer Stelle wird dieser Gedanke weiter vertieft: „Von zentraler und grundlegender Bedeutung ist hier … die selbstzerstörerische Auslegungswillkür, nach der die ‚Religionsfreiheit‘ abstrakt-dogmatisch und unbeschränkt als Obergrundrecht verabsolutiert bzw. inthronisiert wird und damit religiöse Weltanschauungen gegenüber nichtreligiösen Weltanschauungen entgegen dem Gleichbehandlungsgrundsatz privilegiert werden. De facto läuft diese ideologische Rechtsdogmatik auf das Paradoxon hinaus, den Islam mit seiner durch und durch grund- und menschenrechtswidrigen Normativität unter den Deckungsschutz des Grundgesetzes zu stellen, dessen ‚Ordnungsphilosophie‘ ihm wiederum diametral widerspricht. D.h.: Wer dem Islam höchstrichterlich unbeschränkte ‚Ausübungsfreiheit‘ einräumt, leistet an entscheidender Stelle Beihilfe zur Zerstörung der säkularen Gesellschaftsordnung.“[13]

„Insofern rituelle und normative Religionsaspekte mit Grund- und Menschenrechten kollidieren bzw. diese verletzten, muss das Recht auf positive Religionsfreiheit im Sinne einer konsequenten Prioritätssetzung eingeschränkt werden, d.h. der Grundsatz gelten:‚Grund- und Menschenrechte vor positiver Religionsfreiheit’. Deshalb kann es auch keine absolute bzw. unbeschränkte Glaubensfreiheit geben und etwa zugelassen werden, dass bestimmte Gruppen ihr gesamtes Verhalten an den Lehren eines Glaubens ausrichten, der in wesentlichen Aussagen und Vorschriften elementaren Grund- und Menschenrechten widerstrebt.“[14]

Wenn man davon ausgeht, dass das Recht der gesetzlich fixierte Ausdruck politischer Handlungs- und Gestaltungsmacht ist, dann wird damit auch zum Ausdruck gebracht, dass das Recht eine systemfunktionale, herrschaftslegitimierende und -stabilisierende Funktion besitzt.

Unter diesem Gesichtspunkt sowie als konkreter Ausdruck dieser Funktion ist nun die bereits erwähnte Regierungserklärung von 2006 zu sehen. Sie enthält noch eine weitere Aussage, die hier noch nicht benannt wurde, aber genau diese Sichtweise erhärtet, nämlich: „Um Perspektiven für die gemeinsame Zukunft zu schaffen, müssen wir versuchen, die Probleme zu lösen, die das Zusammenleben mit Muslimen in unserem Land belasten: Religionsunterricht in Koranschulen und an staatlichen Schulen, Kopftuch, Imamausbildung, die Rolle der Frauen und Mädchen, das Schächten – um nur ein paar Stichworte zu nennen.“

Man kann diesen Sachverhalt auch mit folgender Aussage auf den Punkt bringen: Die Regierungserklärung ist der islampolitische „Imperativ“ an die deutschen Gerichte, in ihrer Rechtsprechung islamophile Urteile zu substantiieren. Dem sollte unverzüglich Einhalt geboten werden, im Interesse des Erhalts und der Festigung der Demokratie.

Dem Autor ist mit diesem Werk ein großer Wurf gelungen. Ausgewiesen als Basiswissen für Arbeitgeber geht es weit über dieses Anliegen hinaus. Dem Leser wird vor Augen geführt, dass eine islamophile Rechtsprechung nicht nur Auswirkungen für den rechtlich zu behandelnden Gegenstand hat, sondern auch – und das sollte durchaus als Mahnung verstanden werden – ein wesentlicher demokratiedestabilisierender Faktor ist. Der Ratgeber ist daher jedem Interessenten an wissenschaftlicher Islamkritik zu empfehlen.

Zu erwähnen bliebe noch, dass von den 11 Anlagen 9 Anlagen in der Seitenangabe zu 2 Seiten differieren. Das mindert die Qualität des Werkes jedoch in keiner Weise.

Reinhard Hascha (Februar 2017)

[1] https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Bulletin/2001_2007/2006/09/93-1-bmi-islamkonferenz-bt.html

[2] Fett unterlegte Zitate: stammen vom Autor, falls nicht anders verwiesen.

[3] https://www.gesetze-im-internet.de/agg/BJNR189710006.html#BJNR189710006BJNG000100000

[4] Vor welch oftmals komplizierten Situation das Lehrpersonal in dieser Hinsicht steht, soll folgende Aussage verdeutlichen: Das Ermessen schafft zwar einen Entscheidungsspielraum, die Schwierigkeit besteht jedoch darin, dass das „ … Ermessen keine Freiheit oder gar Beliebigkeit vermittelt. Es gibt kein ‚freies Ermessen‘ (auch wenn diese irreführende Formulierung heute noch gelegentlich erscheint), sondern nur ein ‚pflichtgemäßes Ermessen‘ oder besser: ein rechtlich gebundenes Ermessen. Das ist in § 40 VwVfG … klar ausgesprochen: die Behörde hat (ist verpflichtet) ‚ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten‘. Wenn sich die Behörde nicht an diese rechtlichen Bindungen hält, handelt sie ‚ermessensfehlerhaft‘ und damit rechtswidrig. Die Verwaltungsgerichte können die Beachtung dieser Ermessens(rechts)bindungen überprüfen.“

Hartmut Maurer: Allgemeines Verwaltungsrecht. München 2009, S. 140.

[5] Gemeint ist die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB). „Sie untersteht der dauerhaften Leitung, Kontrolle und Aufsicht des staatlichen Präsidiums für Religiöse Angelegenheiten der Türkei, welches dem Amt des türkischen Ministerpräsidenten angegliedert ist. Sie wählt auch die Geistlichen aus, die nach Deutschland kommen und bezahlt sie. Damit ist jede Entscheidung, die diese türkische Behörde erlässt, in Deutschland … so gut wie möglich umgesetzt“ (43).

[6] www.dihk.de/ressourcen/downloads/aktionsprogramm-fluechtlinge.pdf

[7] Dass das Fasten mit deutscher Arbeitsethik unvereinbar ist, zeigt nachstehende Aussage: „Im Ramadan ruht das öffentliche Leben in den islamischen Ländern faktisch, umso lebhafter ist es auf den Straßen nach Einbruch der Dämmerung.“ Peter Ortag:Islamische Kultur und Geschichte. Ein Überblick. Dresden 2010, S. 21.

[8] Im Koran, Sure 62 „Die Freitagsversammlung (Al-Dschumuah)“, Vers 9 und 10 heißt es: „O die ihr glaubt, wenn der Ruf zum Gebet am Freitag erschallt, dann eilet zum Gedenken Allahs und lasset den Handel ruhn. Das ist besser für euch, wenn ihr es nur wüßtet.“ Und „Und wenn das Gebet beendet ist, dann zerstreut euch im Land und trachtet nach Allahs Gnadenfülle und gedenket Allahs häufig, auf daß ihr Erfolg habt.“http://www.koran-auf-deutsch.de/62-die-freitagsversammlung-al-dschumuah Oder: „ … Mohammed soll gesagt haben, ‚wenn einer dem Freitagsgebet ohne entschuldigenden Grund dreimal ferngeblieben ist, dem versiegelt Gott das Herz‘“ Peter Ortag: a.a.O., S. 21.

[9] „Ein Grundrechtseingriff liegt dann vor, wenn einem Grundrechtsberechtigten ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, erschwert bzw. unmöglich gemacht wird, wenn in den Schutzbereich beschränkend eingewirkt, die Grundrechtssubstanz für ihren Träger nachteilig beeinträchtigt, verkürzt oder verletzt wird (erste Voraussetzung) und die daraus resultierende belastende oder nachteilige Wirkung von einem Grundrechtsverpflichteten ausgeht und ein ausreichend enger Zusammenhang zwischen öffentlicher Maßnahme und Belastung besteht (zweite Voraussetzung: Qualifizierung als Grundrechtsbeeinträchtigung).

Der Grundrechtseingriff als staatlich verordnete Rechtsverkürzung löst eine Sicherungs- und Legitimierungsfunktion aus: Die Abwehrfunktion der Grundrechte zielt auf Unterlassung des Eingriffs, auf Beseitigung von Grundrechtsverkürzungen und deren Folgen, also auf Wiederherstellung grundrechtlicher Integrität. Dabei trägt der Staat die Last der Legitimation und Eingriffsrechtfertigung. Der Grundrechtseingriff besitzt folglich die Funktion eines ‚Scharniers‘ zwischen dem Schutz- und Schrankenbereich, ist zentraler Bezugspunkt der Grundrechtsdogmatik.“ (Hervorh.: Autor).

Alfred Katz: Staatsrecht. Heidelberg 2010, S. 323, Rd.-Nr.: 637 a und b.

[10] Nicht mehr zeitgemäß ist deshalb folgende definitorische Auslegung: „Neutralität: Im Staatsrecht der Grundsatz der Nichteinmischung des Staates. Die weltanschauliche Neutralität fordert die Nichteinmischung des Staates in Fragen des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses. Sie ist in dem Verbot der Benachteiligung oder Bevorzugung wegen Glaubens, der religiösen oder politischen Anschauung (Artikel 3 Absatz 3 GG), in der Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit (Artikel 4 Absatz 1 und 2 GG) … gewährleistet.“ Der Brockhaus Politik. Ideen, Systeme und Prozesse. Mannheim 2008, S. 319 f.

[11] Alfred Katz: a.a.O., S. 366, Rd.-Nr. 717, S. 368, Rd.-Nr. 719.

[12] Hartmut Krauss: Staatliches Handeln und Religion/Islam: Passiver Nachtwächterstaat, aktiver Garant demokratischer Grundrechte oder postsäkularer „Geschäftspartner“? http://www.glasnost.de/autoren/krauss/staatundislam.html

[13] Hartmut Krauss: Politische und juristische „Anerkennung“ der islamischen Herrschaftskultur als strukturelles Staatsversagen Warum ein umfassender Machtwechsel zunehmend unabdingbar wird http://www.gam-online.de/Bilder/11-2016 Islam und strukturelles Staatsversagen.pdf

[14] Gesellschaft für wissenschaftliche Aufklärung und Menschenrechte (GAM) Säkulare Lebensordnung vs. islamisches Gottesrecht. Orientierungsgrundlage und Programm zur Zurückdrängung und Eindämmung muslimischer Herrschaftskultur in Deutschland http://www.gam-online.de/Bilder/S%C3%A4kulare%20Lebensordnung-Programm.pdf

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